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Als Glück wird es beschrieben, den Krieg und den Holocaust überlebt zu haben. Zumindest im ersten Augenblick, denn die meisten Überlebenden tragen psychische Narben, die auch nach vielen Jahrzehnten nicht verschwunden sind. Das gilt insbesondere für Kinder, die nicht nur den Schrecken des Krieges miterlebt haben, sondern die Shoah, also die systematische Verfolgung durch die Nationalsozialisten, die oftmals in Lagern und Ghettos endete.
Dort nahm das Leiden aber seinen weiteren Verlauf. Von ungefähr 180.000 Kindern geht man aus, die die Zeit bis 1945 in Konzentrationslagern oder aber Verstecken überlebt haben. Die Folgen der Erlebnisse dieser Jahre sind meist auch noch viele Jahrzehnte im hohen Alter zu spüren. Genau deshalb gibt es den Verein “Child Survivors Deutschland”, der 2001 von überlebenden Kindern der Shoah gegründet wurde. Alles Wissenswerte zum Verein gibt es in diesem Artikel zu erfahren.
Ihre Schicksale sind verschieden und doch eint sie alle, dass sie Erlebnisse gleichen Ursprungs verarbeiten müssen. Und das auch viele Jahrzehnte später noch, nachdem die Ereignisse ihren Lauf genommen haben. Die Shoah, oder auch der Holocaust, beschreibt den Völkermord der Nationalsozialisten an Juden im Zweiten Weltkrieg. Rund 11 Millionen Juden sollen zu dieser Zeit in Europa gelebt haben, fünf Millionen haben überlebt. Damit sind sechs Millionen Juden den Massakern und systematischen Vernichtungen zum Opfer gefallen. Eine unvorstellbar hohe Zahl. Unter den Überlebenden gab es auch viele Kinder, die dennoch in jungen Jahren schon die Schrecken der Verfolgung, Inhaftierung und Lager miterleben mussten.
Diese Kinder werden auch Kinder der Shoah genannt. Manche davon haben am 13. April 2001 den Verein Child Survivors Deutschland e. V. gegründet. Er dient nicht nur der Aufklärung, sondern auch der Verarbeitung, denn selbst Jahrzehnte sind noch zu wenig Zeit, um alle Wunden heilen zu können. Mitglieder des Vereins sind Menschen, die zur NS-Zeit Kinder gewesen waren und dem Judentum angehören oder jüdische Wurzeln haben. Dennoch hat der Verein eine bunte Mischung von Mitgliedern. Hier lassen sich Juden ebenso wie Christen finden, Atheisten, Humanisten, Philosophen und Suchende.
Die Kriegsjahre und die Gräueltaten der Nationalsozialisten überlebt zu haben, bedeutet nicht, dass die Leidenszeit abrupt ein Ende gefunden hat. Die Mitglieder des Vereins Child Survivors haben alle ihre eigenen Geschichten, die aber alle gemeinsam haben, dass es einschneidende Erlebnisse für Kinder gewesen sind. Manche waren Kinder von Emigranten, andere wurden versteckt, manche wuchsen in Klöstern auf, wurden adoptiert oder mit fremden Identitäten ausgestattet. Manche Kinder entkamen nur knapp dem Tod, viele wurden von ihren Eltern getrennt, andere arbeiteten in den Todeslagern. Solche Erlebnisse lassen sich nicht einfach vergessen und führen in der Regel zu tiefsitzenden Traumata.
Eine Aufarbeitung nach den Kriegsjahren fand kaum statt, psychologische Betreuung war die absolute Ausnahme. Entsprechend haben sich die Bilder im Kopf und die Erfahrungen nur tiefer in die Erinnerung eingebrannt, unverarbeitet und schwelend. Auch viele Jahrzehnte nach den Ereignissen haben viele Betroffene Schwierigkeiten, die Schreckensbilder zu vergessen, die sie spätestens in ihren Träumen einholen. Daher ist der Verein auch als Ort von Betroffenen für Betroffene zu verstehen. Regelmäßig finden Treffen statt, um sich miteinander austauschen zu können. Die Mitglieder sind mindestens siebzig Jahre alt, was gleichzeitig die Jahre markiert, seitdem der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen ist.
Der eingetragene Verein hat sich verschiedene Ziele gesetzt, die man gemeinsam verfolgt und erreichen möchte. In erster Linie dient der Verein dem Austausch der Mitglieder, um sich gegenseitig zu unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Man veranstaltet regelmäßige Treffen, für die auch therapeutische Begleitungen gebucht werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, das jüdische Leben und die jüdische Kultur zu pflegen.
Außerdem reist man gemeinsam an Orte, an denen man Leid erfahren und Freunde und Verwandte verloren hat. Gleichzeitig solidarisiert man sich mit anderen Kindern, die Opfer der NS-Zeit geworden sind.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Vereinsarbeit besteht im Kontakt mit weiteren Child Survivor Organisationen, die es auf der ganzen Welt gibt. Darüber hinaus setzt man sich für die politische Bildung ein. Das geschieht durch Besuche und Gespräche, beispielsweise mit Schülern. Man arbeitet außerdem an einem Archiv, in dem Dokumente abgelegt werden, die als Zeugen der Erlebnisse und Leben der Mitglieder dienen. Zu guter Letzt setzt man sich für die Verständigung zwischen Juden und Christen ein und in diesem Zug auch zwischen Israel und Deutschland.
Der deutsche Verein der Child Survivors gehört zur World Federation of Jewish Child Survivors, die als Dachverband angesehen werden kann. Die World Federation kümmert sich auf internationaler Ebene um die Ziele, die der deutsche Verein in der Bundesrepublik umsetzt. Zur internationalen Arbeit gehört auch, dass es den Austausch verschiedener Verbände gibt und somit Menschen in Kontakt kommen können, die auf eine ähnliche Vergangenheit zurückblicken können. Regelmäßig finden Konferenzen statt. Der Weltverband setzt sich ebenfalls für die Bildung ein und ist wie der Child Survivors Deutschland e. V. auf Spenden angewiesen. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Vereins.
Die Arbeit dieser und anderer Vereine dieser Art kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Grund dafür liegt darin, dass im Gegensatz zu den Betroffenen die nachfolgenden Generationen die Ereignisse leichter vergessen können. Damit sich aber die Schrecken des 20. Jahrhunderts nicht wiederholen, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, was genau geschehen ist und welches Leid durch die Gräueltaten der Nationalsozialisten und anderer Kriegsverbrecher entstanden ist.
Der Verein Child Survivors setzt sich aus Menschen zusammen, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs noch Kinder waren und auch Jahrzehnte nach den Ereignissen noch von ihren Traumata heimgesucht werden. Die Webseite des Vereins bietet weiterführende Informationen zum Thema an.