Eltern im Kriechgang: Haushalte kindersicher machen

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4.619 Babys wurden 2023 in Nürnberg geboren. Das bedeutet nicht zuletzt: 4.619 Eltern haben höchstwahrscheinlich einen gewissen Teil der zurückliegenden neun Monate oder die Folgezeit damit verbracht, zuhause Maßnahmen zu ergreifen, damit der Nachwuchs sich dort weder stößt noch schneidet, verbrennt, verätzt oder anderweitig leicht bis schwer verletzt.

Definitiv eine Notwendigkeit. Denn Haushalte sind typischerweise in jeglicher Hinsicht auf (etwas) erwachsenere Menschen zugeschnitten. Personen, die unter anderem Vorgaben und Verbote verstehen, Risiken erkennen können, eine ausgeprägte Motorik besitzen und sich selbst in ihrer Umwelt einordnen können. Babys und Kleinkindern fehlen diese Fähigkeiten noch weitestgehend. Doch was ist zuhause wirklich nötig – und wann?

Keine Hektik bei der Sicherheit

Keine Hektik bei der SicherheitEs gibt werdende Mütter, die bereits auf der Heimfahrt von der finalen Schwangerschaftsbestätigung beim Gynäkologen den nächsten Baumarkt ansteuern, um dort kindersichere Steckdosenabdeckungen zu kaufen. Und mancher Vater findet es nicht übertrieben, nur wenige Tage nach der Geburt an sämtlichen Treppen Gittertore zu errichten.

Fest steht: Es ist absolut verständlich, wenn (werdende) Eltern sämtlichen Schaden von ihrem Kind abwenden möchten. Zumal die Risiken absolut real sind, davon kann jeder Notfallambulanzmitarbeiter ein Lied singen. Allerdings sollte das bei allem Verständnis in einem realistischen Rahmen geschehen. Denn es gelten zwei Dinge:

  1. Während der Schwangerschaft und in den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt sind unzählige Dinge zu erledigen. Davon vieles, was einen erheblich höheren Stellenwert als ein kindersicheres Zuhause hat. Denn es gilt:
  2. Erst mit zirka vier bis fünf Monaten können Babys gezielt greifen. Und erst ab etwa zehn Monaten können sie sich krabbelnd fortbewegen.

Beides bedeutet für Eltern letztlich eine sehr komfortable Frist. Bevor der Nachwuchs anfängt, gezielt nach Dingen in seiner Reichweite zu greifen und zu krabbeln, sind kaum zusätzliche Maßnahmen nötig. Denn entweder wird das Kind sich unter Dauer-Aufsicht oder im Gitterbett bzw. Laufstall befinden – beides aus Sicht der Baby-Motorik nicht weniger als Hochsicherheitsgefängnisse.

Wenn es jedoch so weit ist, dann ist es nötig, sehr gezielt vorzugehen. Das bedeutet für Eltern unter anderem Bewegungen, die man sonst eher bei der Bundeswehr verortet.

Auf Brustkorb und Kniescheiben

Auf Brustkorb und KniescheibenViele Gefahren für Kleinkinder sind für Erwachsene unsichtbar. Schlichtweg, weil sie die Welt aus einer erheblich mehr als einen Meter höheren Position wahrnehmen. Bei einem Kind von höchstens einem Jahr befindet sich der Scheitel beim Krabbeln gerade einmal maximal 40 Zentimeter über dem Boden – je nach Größe und „Kriechtiefe“ sogar nur 25 Zentimeter. Selbst im Stehen werden nur selten etwa 80 Zentimeter überschritten.

Das bedeutet für Eltern, um viele Gefahrpunkte in „Babyhöhe“ erkennen zu können, ist es nötig, sich auf dieses Level herabzubegeben. Ja, das heißt, ab auf den Bauch und durch die Wohnung robben. Eventuell mit laufender Handykamera. Nein, nicht für lustige Videos, sondern um diesen Blickwinkel anschließend nochmals in Ruhe analysieren zu können.

Ebenso sollte diese Sichthöhe auf anderen Ebenen angewendet werden: Bett, Couch, Terrasse etc. Dazu jene Levels, die sich ergeben, wenn man den Nachwuchs im Arm hat. Selbst, wenn Erwachsene dabei nicht so viel Interessantes sehen wie ein Kleinkind, so fallen dennoch zumindest die wichtigsten „Baustellen“ auf, wenn man aufmerksam genug ist. Doch welche Punkte sind besonders wichtig?

Das Thema Elektrik

Das Thema Elektrik

Im Haushalt liegen typischerweise 230-Volt-Wechselstrom an. Für Kleinkinder absolut lebensgefährlich. Da sich zudem erhebliche Teile der Elektrik auf „Kriechlevel“ befinden, sollten Eltern hier unbedingt zuerst ansetzen.

  • Seit einigen Jahren gibt es Steckdosen mit erhöhtem Berührungsschutz. Erkennbar daran, dass mehr Kraft zum Einführen eines Steckers nötig ist. Wo sie nicht im Haushalt verbaut sind (mit Taschenlampe in die Löcher schauen, dahinter liegen blockierende Elemente), sollten klassische Kindersicherungen aufgeschraubt werden. Allerdings sind besagte Steckdosen die tatsächlich beste Lösung, weil sie nur die Löcher freigeben, wenn in beide Öffnungen gleichzeitig etwas eingeführt wird, etwa ein Stecker.
  • Keine frei herumliegenden Mehrfachstecker, Verlängerungskabel oder Netzteile. Das alles sollte hochgebunden, zusammengelegt, in Kabelschächten verborgen oder anderweitig in erhöhter Position gesichert werden. Bei Kabeln auch an deren Strangulationsgefahr denken.

Übrigens sollten im Alltag Handy- und andere USB-Netzteile nicht vergessen werden. An ihnen liegen zwar keine gefährlichen Spannungen an, dennoch geht davon Gefahr aus.

Schränke, Regale und Schubladen – sowie deren Inhalt

Schränke, Regale und Schubladen – sowie deren InhaltEben noch krabbelte der Einjährige unter dem Wohnzimmertisch, jetzt ist er dabei, am dahinterstehenden Bücherregal zu spielen und zieht bereits am ersten Buch, einem schweren Hardcover.

Für Kinder in diesem Alter ist schlichtweg alles interessant. Verbote können schon jetzt das Interesse verstärken – und kein Kinderloser würde glauben, wie schnell ein krabbelndes Baby sein kann.

Was Schränke, Regale und Schubladen anbelangt, ist Sicherheit die Mutter der Porzellankiste. Das heißt:

  • Absolut alles zwischen Telefonschränkchen und Kleiderschrank am oberen Ende mit der Wand verschrauben, damit es auf keinen Fall kippen kann.
  • Gegenstände, die leicht genug sind, um vom Kind bewegt zu werden (keinesfalls die Kraft unterschätzen) höher lagern.
  • Tiefliegende Regalbretter (Stichwort Klettern) entweder entfernen oder mit anderen Maßnahmen schützen, beispielsweise Plexiglas.
  • Niedrige Tische und (Sitz-)Möbel, die ein Klettern in gefährliche Bereiche erlauben – etwa von der Couch auf die Fensterbank – verrücken, um „Brücken“ zu entfernen.
  • Höherliegende Dinge, die vom Kind gesehen und für interessant befunden werden können, aus dem Blickfeld entfernen oder abdecken.

Dazu können faktisch alle Möbeltüren und Schubladen mit Schlössern oder ähnlichen Systemen nachgerüstet werden. Besonders wichtig ist das nicht zuletzt für den nächsten Punkt:

Giftiges, Ätzendes und Co.

Giftiges, Ätzendes und Co.Bereits Kindergartenkinder wissen, dass Spülmittel zwar köstlich riecht, aber kein Drink ist. Dennoch würde wohl kein Elternteil sie mit der Spüli-Flasche unbeaufsichtigt lassen. Bei noch kleineren Kindern ist es noch einfacher: Für sie sollten solche Stoffe nicht existieren. Das meiste, was für Kinder potenziell schädlich sein könnte, ist sowieso durch umfassende Symboliken verpflichtend markiert.

Es braucht nur die Disziplin, sämtliche derartigen Behälter des Haushalts zwischen Kerzen-Duftöl und Toilettenreiniger auf diese Angaben hin zu überprüfen. Dann ist die Lösung simpel:

  • Wenn es nur auf Kindeshöhe gelagert werden kann, dann nur durch Schlösser gesichert.
  • Andernfalls gehört es in Erwachsenen-Greifhöhe in nicht ohne Weiteres zu öffnende Schränke.

Bitte niemals allein auf kindersichere Verschlüsse verlassen. Zudem ebenso an nicht unbedingt giftige, aber verschluckbare Dinge denken. Deshalb wäre beispielsweise die Ablage unter dem Couchtisch kein guter Ort für ein Näh-Set. Ebenfalls allerhöchste Vorsicht ist bei diversen Pflanzen geboten – viele sind extrem giftig.

Übrigens gelten die Angaben natürlich 1:1 für Medikamente und ähnliche Mittel.

Zumindest eine gute Ergänzung: Gitter

Treppenschutzgitter und andere Barrieren zur SicherheitSpezielle Kindergitter haben seit Jahrzehnten Konjunktur, wo es darum geht, Treppen, die nach oben oder unten führen, vor dem krabbelnden und laufenden Entdeckerdrang zu bewahren. Allerdings sollten heutige Eltern diese Helfer aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Vor allem die universell justierbaren Exemplare können noch sehr viel mehr. Das gilt insbesondere, wo in vielen Heimen offene Architekturen mit nur wenigen Mauern dominieren.

  • Zugang zur Küche oder wenigstens zur Küchenzeile.
  • Der Weg ins Treppenhaus oder zumindest zur Haustür.
  • Die Tür aus dem Kinderzimmer hinaus.
  • Hinter- und Balkontüren, besonders, wenn sie offenstehen sollen.
  • Herde, Kaminöfen und sonstige heiße Bereiche.

Sehr vieles zuhause lässt sich mit solchen flexibel nutzbaren Systemen absichern. Ähnlich wie bei Sicherheitsverschlüssen gilt: Es geht nicht darum, es als einzigen Schutz zu betrachten, sondern Eltern und anderen mehr Reaktionszeit zu erkaufen, weil es im Alltag einfach nicht möglich ist, das Kind in jedem Sekundenbruchteil im Blick zu haben.

Das Thema Hitze

Das Thema Hitze und Sicherheit in der KücheHeiße, klassisch unter der Arbeitsplatte installierte Backöfen lassen sich durch besagte Gitter oder spezielle Ofentüren recht gut kindersicher machen. Doch wie steht es um andere Bereiche, in denen sich der allzu neugierige Nachwuchs rasch aufs Schwerste verletzen kann?

  • Niemals das Kind frei krabbeln oder laufen lassen, wenn die Kochplatten eingeschaltet sind. Falls es sich nicht vermeiden lässt, dann nur auf den hinteren Platten kochen.
  • Dreh- und sonstige Schalter immer versenken, wenn möglich.
  • Stiele von Pannen und Töpfen stets vom Arbeitsplattenrand wegdrehen.
  • Kaffeemaschinen, Wasserkocher und Fritteuse nur direkt an der Wand betreiben. Letztere kann mitunter alternativ auf Terrasse, Balkon oder im Bad betrieben werden.
  • Nach Möglichkeit die Warmwasserversorgung am Haupt-Thermostat (nahe der Heizung) auf 35°C limitieren. Dann gibt es an keinem Hahn mehr eine Verbrühungsgefahr. Falls nicht möglich, dann auf Hähne bzw. Durchlauferhitzer mit voreinstellbarer Höchsttemperatur ausweichen.

Dazu noch ein guter Rat: Wenn der Nachwuchs aktuell nicht sicher im Bett, Laufstall oder Hochstuhl untergebracht ist, sollten weder heiße Speisen/Getränke durch die Gegend getragen noch konsumiert werden. Letzteres vor allem, wenn man das Kind auf dem Schoß oder im Arm hat.