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„Jerichow“ zeigt das komplexe Zusammenspiel von Sehnsucht, Macht und Abhängigkeit in der Begegnung dreier Menschen. Thomas, ein entlassener Soldat, kehrt in seine Heimat zurück und versucht, dort ein neues Leben aufzubauen. Doch seine Vergangenheit und finanzielle Not holen ihn schnell ein. Als er auf den Imbissbetreiber Ali trifft, der ihn als Fahrer anstellt, scheint sich eine Chance aufzutun. Alis junge Frau Laura verkompliziert jedoch die Situation, als zwischen ihr und Thomas eine verbotene Affäre entsteht.
Während die drei in ein gefährliches Netz aus Täuschung und Verlangen geraten, beginnt die Beziehung zwischen ihnen immer mehr aus dem Ruder zu laufen. Alis strenge Kontrolle und Lauras finanzielle Abhängigkeit treiben die Spannung weiter voran. Bald wird klar, dass jeder sein eigenes Ziel verfolgt, ohne Rücksicht auf die Folgen. Welche Grenzen sind sie bereit zu überschreiten, um ihre Wünsche zu erfüllen?
„Jerichow“ ist ein Drama von Christian Petzold aus dem Jahr 2008. Die Hauptrollen spielen Benno Fürmann als Thomas, Nina Hoss als Laura und Hilmi Sözer als Ali Özkan. Nebenrollen übernahmen André M. Hennicke als Leon, Claudia Geisler als Arbeitsvermittlerin und Marie Gruber als Supermarkt-Kassiererin. Gedreht wurde der Film vom 21. April bis 6. Juni 2008 in der Prignitz und an der Ostsee, unter anderem in Wittenberge, Rostock und Ahrenshoop. Das Drehbuch schrieb ebenfalls Petzold, die Produktion erfolgte durch Florian Koerner von Gustorf und Michael Weber. Stefan Will komponierte die Musik, während Hans Fromm für die Kamera und Bettina Böhler für den Schnitt verantwortlich waren.
Der Film feierte am 28. August 2008 auf den Internationalen Filmfestspielen in Venedig Premiere und kam am 8. Januar 2009 in die deutschen Kinos. „Jerichow“ erhielt 2008 den Preis der deutschen Filmkritik als Bester Spielfilm und 2009 eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis in den Kategorien Bester Spielfilm und Beste Regie. Mit einer Laufzeit von 92 Minuten und einer FSK 12-Einstufung erzielte der Film weltweit einen Bruttoertrag von 906.590 US-Dollar.
Der ehemalige Soldat Thomas kehrt nach dem Afghanistan-Einsatz in seine Heimat Jerichow zurück, wo er das Haus seiner verstorbenen Mutter geerbt hat. Obwohl er gegenüber Gläubigern vorgibt, kein Geld zu besitzen, hat er eine beträchtliche Summe versteckt, um das Haus renovieren zu können. Doch als ein Gläubiger das Geld entdeckt, nimmt dieser alles an sich und lässt Thomas durch einen Komplizen niederschlagen. Mittellos und mit wenig Perspektive, findet Thomas Arbeit als Saisonarbeiter auf einem Gurkenfeld, was ihn jedoch nicht aus seiner prekären Lage befreit und ihn weiterhin nach einem Ausweg suchen lässt.
Eines Tages trifft Thomas zufällig auf Ali, einen türkischen Geschäftsmann, der betrunken mit seinem Auto in eine Böschung gefahren ist. Thomas hilft ihm, sein Auto wieder flott zu machen und behauptet gegenüber der Polizei, selbst gefahren zu sein, um Ali zu schützen. Kurz darauf verliert Ali wegen Trunkenheit am Steuer seinen Führerschein und engagiert Thomas als Fahrer. Gemeinsam beliefern und kontrollieren sie Alis 45 Imbissstuben. Dabei wird schnell klar, dass einige Pächter Ali betrügen, was ihn zu wütenden Konfrontationen bringt. Schon an seinem ersten Tag muss Thomas seine Fähigkeiten einsetzen, um Ali in einem eskalierenden Streit zu verteidigen und einzugreifen.
Als Ali Thomas zu einem Picknick an die Ostsee einlädt, bringt er seine junge Frau Laura mit. Ali, angetrunken und in ausgelassener Stimmung, fordert Thomas und Laura zum Tanzen auf, während er sich selbst für eine Weile entfernt. Zwischen Thomas und Laura entwickelt sich schnell eine leidenschaftliche Affäre, die das ohnehin komplexe Beziehungsgefüge noch weiter verkompliziert. Ob Ali von der Affäre ahnt oder Laura mit Absicht auf die Probe stellt, bleibt unklar. Laura jedoch scheint mehr als nur emotionale Gründe für ihre Affäre zu haben. Alis finanzielle Kontrolle und die Abhängigkeit, in die er Laura durch einen Ehevertrag gebracht hat, spielen eine wesentliche Rolle in ihrer Beziehung.
In Abwesenheit Alis schmieden Laura und Thomas schließlich den Plan, ihn zu töten, um sich aus Lauras finanzieller Abhängigkeit zu befreien. Sie planen, einen Autounfall zu inszenieren, der wie ein Selbstmord aussehen soll. Doch am vereinbarten Ort gesteht Ali Laura, dass er nicht in die Türkei gereist ist, sondern in eine Klinik nach Leipzig, wo er von einer unheilbaren Herzkrankheit erfahren hat. Mit nur wenigen Monaten Lebenszeit in Aussicht, will er Laura ihre Schulden erlassen und die Firma überschreiben. Trotz der kriminellen Absichten der beiden erkennt Ali den Plan und setzt ihn selbst in die Tat um, indem er sein Auto über die Klippen steuert und sein Leben beendet.
Christian Petzolds „Jerichow“ fesselt durch seine düstere Atmosphäre und subtile Spannung. Der Film erzählt nicht nur von einer Dreiecksbeziehung, sondern erkundet die Abgründe von Misstrauen und Abhängigkeit. Petzold inszeniert diese Geschichte mit nüchterner Präzision, wobei die minimalistische Erzählweise Raum für Interpretationen lässt. Besonders auffallend ist die intensive Chemie zwischen den Hauptdarstellern, die ihren Figuren eine eindringliche Tiefe verleihen. Dabei bleibt die Kamera stets nah an den Charakteren, was die Spannung und das Gefühl der Beklemmung verstärkt.
Die Landschaften im dünn besiedelten Nordosten Deutschlands wirken bedrückend und betonen die Isolation der Figuren. Besonders Lauras und Thomas’ heimliche Affäre bringt die ungesunde Dynamik zwischen den Charakteren zum Vorschein. Die Handlung im Film entwickelt sich in einem langsamen, dennoch fesselnden Rhythmus, und jede Szene trägt zur schicksalhaften Zuspitzung bei. Petzold beweist hier sein Talent, komplexe Emotionen und Beziehungen in einem scheinbar einfachen Plot zu verpacken.
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