Religionsfreiheit: Ist Religion Privatsache?

Religionsfreiheit: Ist Religion Privatsache?

Jeder kann sich ungefähr vorstellen, was mit dem Begriff der Religion gemeint ist, der für viele verschiedene Dinge steht. Dazu gehören Glauben und Gemeinschaft, aber auch Konflikte. Christentum, Islam, Judentum, Buddhismus und Hinduismus gelten als die großen Weltreligionen, sind aber längst nicht die einzigen Ausformungen dieses Phänomens, das den Menschen schon seit prähistorischen Zeiten begleitet.

Religiöse Konflikte stehen auch heute noch auf der Welt an der Tagesordnung oder lassen zumindest erkennen, warum es manche geschichtliche Entwicklungen gegeben hat. Die Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, über das zumindest nur wenig diskutiert wird. Anders sieht es bei der Frage danach aus, ob Religion Privatsache ist. Was bedeutet das konkret oder wie sieht die Lage hierzulande aus? Alles Wissenswerte zu diesem Thema gibt es in diesem Artikel zu erfahren.

Was ist Religion?

Bevor man sich den Fragen der Religionsfreiheit und der Privatsache widmet, muss erst noch ein Blick auf den Begriff “Religion” selbst geworfen werden. Er wird zwar alltäglich wie selbstverständlich genutzt, doch was er genau ausdrückt oder damit gemeint ist, ist oftmals nicht ganz so eindeutig. Zum Ursprung des Wortes gibt es unterschiedliche Ansichten. Manche gehen davon aus, dass es vom lateinischen Wort ‘religare’ abgeleitet ist, was für “verbinden” steht. Eine andere Möglichkeit geht von ‘relegere’ aus, was “überdenken” bedeuten kann und im Kontext bedeutet, dass man rituellen Pflichten nachgeht. Der metaphysische Kontext geht mit der Verehrung einher, die für die Natur empfunden wird, die mit Gott gleichgesetzt werden kann.

Wer religiös ist, glaubt in der Regel an bestimmte Mächte, die größer sind als man selbst. Dazu gehört in erster Linie auch der Gedanke an einen Gott, der allmächtig ist und sich von der normalen physischen Welt unterscheidet. Spricht man von einer Religion, dann ist damit ein bestimmter Glaubenssatz gemeint, an dem sich Anhänger der entsprechenden Religion orientieren. Die Ursachen und Beweggründe für den Glauben an einen Gott sind vielfältig. Sie reichen von dem Wunsch nach Verständnis bis hin zur Teilhabe an einer Gemeinschaft. Die Fachrichtung, die sich mit dem Thema auseinandersetzt, ist die Religionswissenschaft.

Religionsfreiheit nach dem Gesetz

Religionsfreiheit nach dem GesetzHeute gilt die Religionsfreiheit als ein Menschenrecht, das entsprechend auch im Grundgesetz verankert ist. Sowohl in Deutschland, der Schweiz als auch in Österreich ist diese Freiheit von der Verfassung gedeckt. In Deutschland ist das in Art. 4 des Grundgesetzes geregelt. Konkret heißt es: “Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich” und “Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet”. Die positive Freiheit des Gesetzes besteht darin, dass man seine Religion frei ausführen darf. Die negative Freiheit des Gesetzes besteht darin, dass der Staat den Bürger nicht zu einer bestimmten religiösen Weltsicht zwingen darf.

Trennung von Staat und Kirche

Deutschland ist kein laizistischer Staat. Wäre es so, dann würde es eine ganz klare Trennung zwischen Kirche und Staat geben und größtmöglich versucht, das Kirchliche aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. Die Kirche gilt allgemein als Vertreter der christlichen Religionen. Das gilt äquivalent auch für andere Religionen und deren organisierte Strukturen. Vielmehr ist Deutschland ein säkularer Staat. Das bedeutet, dass es eine Neutralität des Staates den Kirchen gegenüber gibt. Laut Verfassungsrecht gibt es also keine Staatskirche, aber es gibt Möglichkeiten der Kooperation zwischen Staat und Kirche.

Trennung von Staat und KircheGenau diese Kooperationen werden oft kritisiert. Schaut man in das Grundgesetz, so findet man die Nennung Gottes bereits in der Präambel. Von einer strikten Trennung von Staat und Kirche kann also keine Rede sein. Die heutige Regelung diesbezüglich geht in großen Teilen auf 1919 und die Weimarer Reichsverfassung zurück.

Letztendlich sagt diese Regelung aus, dass Religion keine Privatsache ist, aber eben auch keine Frage des Staates. Immer wieder wird aber kritisiert, dass die Kirche mehr als nur partnerschaftlich mit dem Staat verbunden ist. Beispielsweise in Form christlicher Feiertage, die verfassungsrechtlich geschützt sind. Dennoch ist die Kirche regelmäßig auf Veranstaltungen, wie zum Beispiel der Bundesgartenschau 2015, vor Ort oder organisiert diese mit.

Unterschied zwischen Privat und Nicht-Öffentlich

Wenn es um die Frage geht, ob Religion Privatsache ist, dann muss man genauer klären, was damit gemeint ist. Grundsätzlich beschreibt dieser Umstand, dass jeder Mensch frei seine Weltanschauung und somit Religion wählen darf – obschon es Argumente dafür gibt, dass das bei Kindern nicht der Fall ist. Im weiteren Sinne kann man den Begriff aber so verstehen, dass die Ausübung von Religion eine Privatangelegenheit ist, die eben nicht in der Öffentlichkeit stattfindet. Dazu können auch Kreuze in Schulzimmern, Kopftücher oder auch andere Zeichen, die für bestimmte Religionen stehen. Sichtbar sind zudem auch eindeutig die Kirchen, ebenso Synagogen und Moscheen.

Wenn man also privat so definiert, dass damit die eigene Entscheidung gemeint ist, dann ist Religion eindeutig Privatsache. Darüber hinaus allerdings nicht, denn Religion ist eindeutig im öffentlichen Raum zu finden und es wäre auch bei den großen Kirchen nur schwer vorstellbar, wie es anders aussehen soll. Wichtig ist allerdings, dass der Staat alle Weltanschauungen gleich behandelt, sofern sie mit dem Grundgesetz im Einklang stehen. Ebenso wichtig ist es, dass die Neutralität gewahrt bleibt und keine Religion die staatlichen Belange und Entscheidungen bestimmen kann. Hier gilt es, wachsam hinzuschauen.

Wie sollte Religion behandelt werden?

Wie sollte Religion behandelt werden?Kritiker der Kirchen fordern, dass Religion wie jede andere Privatsache auch gehandhabt wird. Damit müssten Kirchen zu Vereinen werden. Religiöse Vereine gibt es auch, was allerdings nicht für die großen christlichen Religionen in Deutschland gilt.

Diese haben nämlich den Körperschaftsstatus, weshalb sie von ihren Mitgliedern auch Steuern einziehen können. Zudem haben sie Rechtssetzungsbefugnis, womit ein eigenes Binnenrecht gestaltet werden kann, was scharf kritisiert wird. Der Körperschaftsstatus führt auch dazu, dass beispielsweise Altenheime und Kindergärten betrieben werden können und man Religionsunterricht anbieten kann.

Was Religion an sich angeht, sollte Toleranz das oberste Gebot sein. Gleichwohl müssen sich vor allem auch Eltern fragen, in welcher Art sie ihre Kinder erziehen wollen. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr gilt zudem Religionsmündigkeit, womit man das Kind in religiöser Hinsicht nicht mehr nach den eigenen Vorstellungen erziehen kann, sofern dieses es ablehnt. Religionen haben ihren Ursprung meist in mythologischen Erzählungen, die über die Jahrhunderte und Jahrtausende ein Eigenleben angenommen haben. Aufklärung und Bildung können dabei helfen, dass sich Menschen kritisch mit dem Thema auseinandersetzen, was in vielfacher Weise geboten ist.

Die Initiative „Religion ist Privatsache“

In Österreich hat sich die Initiative “Religion ist Privatsache” gegründet, die sich ganz klar für einen Staat der Laizität ausspricht, in dem also Religion aus dem öffentlichen Raum möglichst verschwindet und es wirklich zur Privatsache wird. Man argumentiert damit, dass nur so die Neutralität des Staates gewährleistet werden kann.

Damit will man auch sicherstellen, dass die Diskriminierung aufhört, die konfessionsfreie Menschen erfahren müssen. Man schätzt die Religionen als undemokratischen Einfluss ein. Allerdings betont man auch, dass die Religionsfreiheit in der Privatsphäre gegeben sein muss, so wie es das Bundesverfassungsgericht vorsieht, ebenso aber auch die Europäische Menschenrechtskonvention.

Die Giordano-Bruno-Stiftung

In Deutschland gibt es die Giordano-Bruno-Stiftung, die 2004 gegründet wurde. Ihr Vorsitzender Michael Schmidt-Salomon ist durch verschiedene Buchveröffentlichungen und Talk-Auftritte bekannt. Benannt ist die Stiftung nach dem italienischen Dichter, Priester und Astronom, der am 17. Februar 1600 auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurde. Dieses Urteil wurde von der Römischen Inquisition erteilt, da sie für das Christentum ketzerische Thesen sah. Erst im Jahr 2000 hat die Katholische Kirche die Verurteilung Brunos als Unrecht angesehen. Die Stiftung, die ihren Sitz in Oberwesel hat, setzt sich für Aufklärung ein und steht mit ihrem evolutionären Humanismus, den sie vertritt, oft den Kirchen gegenüber.

Die Giordano-Bruno-Stiftung

Gott und somit alle Götter sind Fabelwesen der Metaphysik und gehören damit in dieselbe Ecke wie auch Kobolde oder Dämonen. Die Idee des evolutionären Humanismus, der von der Giordano-Bruno-Stiftung vertreten wird, geht davon aus, dass der Kosmos auf Naturgesetzen beruht, die alle der Natur zugeordnet werden können und es entsprechend auch keine übernatürlichen Wesen gibt. Man setzt sich für die Freiheit des Einzelnen ein, für die Selbstbestimmung und den kritischen Rationalismus. Der evolutionäre Humanismus basiert im Wesentlichen auf der Idee von Julian Huxley, der an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mitgearbeitet hat.

Fazit zur Religionsfreiheit

Fazit zur ReligionsfreiheitReligion ist ein Thema, das die Menschen schon seit Jahrtausenden beschäftigt. Leider zeigt die Geschichte, ebenso auch der Blick in die Gegenwart, dass in vielen Fällen Konflikte und Abgrenzung durch Religion entstehen. Eine absolute Toleranz ist notwendig, sofern eine Religion oder Kirche mit den Menschen- und Grundrechten vereinbar ist. Darüber hinaus ist aber die Frage, wie viel Raum der Religion in der Öffentlichkeit eingeräumt werden sollte. In großen Teilen führt kein Weg an der Sichtbarkeit vorbei, wie Kirchen eindeutig zeigen. Dennoch ist es wichtig, dass es tatsächlich eine Trennung von Staat und Kirche gibt. Einer der wichtigsten Gründe dafür ist eben nicht zuletzt die Religionsfreiheit.