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Nach über zehn Jahren war es endlich wieder so weit. Über mehrere Monate liefen in Oberammergau im Süden von Bayern die Passionsspiele, die hier eine so lange Tradition haben und ein Event sind, das die Menschen aus der ganzen Welt anzieht. Der Aufwand, der einmal mehr betrieben wurde, sucht seinesgleichen und wer auf ein großartiges Spektakel gehofft hatte, wurde definitiv nicht enttäuscht. Die 41. Passionsspiele 2010 fanden in diesem Jahr erneut unter der Leitung von Christian Stückl statt, Stefan Hageneier war für das Bühnenbild verantwortlich.
Vieles wurde erneuert und erweitert, sodass Besucher ganz neue Passionsspiele sehen konnten. Alle Beteiligten warfen sich voll ins Zeug, um diese besonderen Spiele aufzuführen, die mit ihrer Größe und Intensität für staunende Blicke sorgen. Gemeinsam zeigte man die letzten Tage im Leben von Jesus, die aufgeführt als Passionsspiele bekannt sind. Weltweit gibt es solche Darbietung, die Oberammergauer Spiele haben aber die längste Tradition. Einen Rückblick auf die diesjährigen Passionsspiele in Oberammergau gibt es in diesem Artikel.
Mehr als eine halbe Million Besucher, ein Gewinn von rund 25 Millionen Euro, auch der Bundespräsident und Kanzlerin Merkel sind vor Ort gewesen. Beeindruckende Zahlen, die aber auch nur bedingt überraschen, da die Passionsspiele in Oberammergau nicht irgendwelche sind. Hier wird Tradition ganz großgeschrieben, die Spiele sind weltweit bekannt und entsprechend kommen auch Besucher von überall her in den kleinen Ort im Süden von Bayern. Es waren die 41. Passionsspiele, die hier stattgefunden haben und das Publikum war ebenso versunken wie die Schauspieler in ihrer Darstellung. Dabei haben teilweise Hagel und Kälte dafür gesorgt, dass man wirklich eine Leidensfähigkeit mitbringen musste.
Christian Stückl führte Regie, bereits zum dritten Mal hat der gebürtige Oberammergauer diese Aufgabe übernommen. Seine diesjährige Inszenierung beruhte auf einer Fassung von Alois Daisenberger, die 1860 aufgeführt wurde, aber für 2010 rundum neu gestaltet wurde. Unter anderem wurden antisemitische Teile entfernt, zudem wurde ein jüdisches Gebet mit aufgenommen. Das Bühnenbild stammte von Stefan Hageneier, der diese Aufgabe auch schon vor zehn Jahren übernommen hatte. Die Festspiele haben in diesem Jahr am 15. Mai begonnen und es gab regelmäßig Aufführungen bis zum 3. Oktober. Das Fazit ist ein rundum zufriedenes, sowohl in künstlerischer wie auch finanzieller Hinsicht.
Im Vorfeld konnte man sich Karten für die Tagesarrangements mitsamt Übernachtungen kaufen, später standen dann auch nur die Tagestickets zur Verfügung. Es gab vier verschiedene Platzkategorien. Die besten Karten waren für 165 Euro zu erwerben, die zweitbeste Kategorie gab es für 137,50 Euro. Doch auch in den letzten beiden Kategorien hatte man noch einen guten Blick auf das Geschehen auf der Bühne. Für Gäste, die über München anreisen wollten, wurde ein Bustransfer von der bayerischen Landeshauptstadt nach Oberammergau eingerichtet.
Otto Huber übernahm die zweite Spielleitung und war als Dramaturg tätig. Markus Zwink war als Dirigent und Komponist mit an Bord, das Orchester wurde von Michael Bocklet geleitet. Die drei Sopranstimmen wurden mit Maria Buchwieser, Katharina Osterhammer und Gabriele Weinfurter besetzt, während Claudia Köpf, Caroline Fischer-Zwink und Antonie Schauer die Alt-Stimmen übernahmen. Paul Fellner, Korbinian Heinzeller und Michael Pfaffenzeller waren die Tenöre, Heinrich Buchwieser, Bernhard Spingler und Josef Zwink waren als die Bässe zu hören. Für den Prolog waren Otto Huber und Dominikus Zwink verantwortlich.
Andreas Richter und Frederik Mayet spielten in diesem Jahr die Hauptrolle des Jesus. An ihrer Seite waren Jonas Konsek und Maximilian Stöger als Petrus, Carsten Lück und Martin Norz als Judas, Benedikt Geisenhof und Martin Schuster als Johannes, Ursula Burkhart und Andrea Hecht als Maria, Barbara Dobner und Eva-Maria Reiser als Maria Magdalena, Anton Burkhart und Anton Preisinger als Kaiphas, Raimund Bierling und Peter Stückl als Annas, Michael Adam und Simon Fischer als Nathanael, Tobias Eich und Matthias Müller als Archelaus und Walter Fischer und Walter Rutz als Josef von Arimathäa zu sehen.
In weiteren Rollen mit dabei waren Christoph Maier und Hubert Schmidt als Nikodemus, Johannes Müller und Stephan Reindl als Gamaliel, Martin Güntner und Tobias Jablonka als Ezechiel, Christian Bierling und Stephan Burkhart als Pilatus, Raimund Fussy und Markus Köpf als Herodes, Johann Feldmeier und Ferdinand Meiler als Longinus, Karl Führler und Anton Zwink als Simon von Bethanien, Elisabeth Aurhammer und Dominika Killer als Veronika sowie Sebastian Dörfler und Maximilian Laubert als Engel.
Schon vor einem Jahr wurde der Haar- und Barterlass ausgesprochen, wonach sich Männer ihre Bärte nicht mehr rasieren sollten. Dafür gab es sogar Ausnahmen für Angehörige der Bundeswehr und Polizisten. Was die Veranstaltung wirklich für das Dorf bedeutet, sieht man auch anhand der Zahlen. Rund 5.300 Einwohner hat Oberammergau und fast 2.500 davon haben in diesem Jahr an den Aufführungen teilgenommen. Ob nun als Priester und Soldaten, als Volk, im Chor oder als Instrumentalisten im Passionsorchester.
In diesem Jahr wurde das Passionsspiel in elf Akte aufgeteilt. Die ersten fünf Vorstellungen begannen am Nachmittag, die restlichen am Abend, die dann bis 23 Uhr liefen. Los ging es mit dem Vorspiel und dem lebenden Bild “Der Verlust des Paradieses”. Danach folgten die Vorstellungen “Einzug in Jerusalem” und “Jesus in Bethanien” mit dem lebenden Bild “Moses führt die Israeliten durch das Rote Meer”. Die dritte Vorstellung bestand aus “Vertreibung der Tempelhändler”, “Pilatus und Kaiphas”, “Judas und der Hohe Rat” sowie dem Bild “Die zehn Gebote und der Tanz um das Goldene Kalb”. Danach kamen “Jesu Mahl mit den Jüngern” und “Das Pessachmahl vor dem Auszug aus Ägypten”.
Die fünfte Vorstellung bestand aus den Teilen “Jesus am Ölberg” und “Die Gefangennahme”. Mit den beiden Bildern “Der Verrat am Felsen Gabaon” und “Die Berufung Moses am Dornbusch” endete der erste Teil. Am Abend ging es dann weiter mit “Verhöre vor Annas und dem Hohen Rat” und den beiden Bildern “Der Prophet Daniel in der Löwengrube” und “Die Verspottung Hiobs”. Die siebte Vorstellunge behandelte die Themen “Jesus wird verspottet”, “Petrus verleugnet Jesus” und “Judas´ Verzweiflung”, abgeschlossen wurde es vom Bild “Die Verzweiflung Kains”. “Jesus vor Pilatus und Herodes”, “Jesu Verurteilung durch Pilatus”, “Der Kreuzweg” und “Die Kreuzigung” sowie “Die Begegnung mit dem Auferstandenen” waren die letzten vier Vorstellungen.
Schon seit Jahrhunderten brach immer wieder an verschiedenen Stellen in Europa die Pest aus. So auch 1625 in Deutschland, was durch den Dreißigjährigen Krieg begünstigt wurde, der damals in seinem siebten Jahr wütete. Man blieb bis dahin in Oberammergau von der Pest verschont, was aufgrund eines strengen Wachsystems gelang. Doch 1633 kam es dann doch zu einem Ausbruch, bei dem insgesamt 85 Einwohner starben. Daraus entstand die Idee der Passionsspiele, die man stets aufführen würde, wenn es keine Pesttoten mehr geben würde. Und tatsächlich gab es in den folgenden Jahren auch keine mehr. Damit war die Tradition geboren.
In den kommenden Jahrzehnten wurden die Passionsspiele immer wieder erweitert und wurden somit auch zum Vorbild für andere Orte. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Aufführungen teilweise verboten. In den nächsten Jahrzehnten konnten die Spiele aber wachsen und auch internationale Bekanntheit erreichen. Im Laufe der Zeit wurde auch die Bühne immer weiter ausgebaut. Ein größerer Ausbau der Freiluftbühne erfolgte schließlich 1930. Auch im Dritten Reich konnten die Passionsspiele noch stattfinden, doch größere Kritik folgte nach dem Krieg, wobei vor allem der Antisemitismus kritisiert wurde, der sich in den Texten finden ließ.
In den kommenden Jahrzehnten sollten diese politischen Auseinandersetzungen anhalten. 1990 kam es zum Beschluss der Gleichberechtigung, durch die auch Frauen die volle Mitwirkung an der Passion 2010 gewährt wurde. 1997 wurde das Passionstheater erneut renoviert. Inszenatorisch gab es 2000 eine große Änderung, da Christian Stückl eine umfangreiche Neuinszenierung auf die Beine stellte. Das war zwar auch nicht unbestritten, doch damit konnten die Passionsspiele in die Moderne geholt werden. Unter anderem auch mit der Integration jüdischer Texte.
Alle zehn Jahre finden die Passionsspiele Oberammergau nur statt, womit sie wahrlich ein ganz besonderes Ereignis darstellen. Jetzt war es wieder soweit. Vom 15. Mai bis zum 3. Oktober fanden die 41. Oberammergauer Passionsspiele statt und man kann hierbei von einem vollen Erfolg sprechen. Über eine halbe Millionen Gäste hat es nach Südbayern gezogen, um dieses Spektakel mitzuerleben, an dem mehrere tausend Bewohner des Ortes beteiligt gewesen sind. Christian Stückl hat dazu zusammen mit Otto Huber den Text der Spiele noch einmal grundlegend überarbeitet. Die Inszenierung konnte jedes Mal aufs Neue begeistern und wurde auch aufgrund der modernen Anklänge hoch gelobt.