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Vermutlich geht es vielen Menschen so, dass sie zumindest den Eindruck haben, dass sich in den letzten Jahren das Klima in Deutschland in gewisser Art und Weise verschlechtert hat. Damit ist aber nicht das Klima bezüglich des Wetters gemeint, sondern das zwischenmenschliche Klima. Diskurse und Austausch sind, so sie denn überhaupt noch stattfinden, rauer geworden. Es gibt wieder lautere Stimmen, die teilweise Forderungen an den Tag legen, die nicht immer mit demokratischen Grundgedanken vereinbar sind. Oft ist dabei auch die Rede von den sogenannten Bubbles.
Das bedeutet, dass Menschen meist nur noch mit Menschen verkehren, die ähnliche Meinungen und Weltbilder haben. Der Austausch mit anderen Meinungen, Weltbildern und Ideen bleibt somit immer mehr auf der Strecke. Genau da setzte der Bus der Begegnungen an, der dafür sorgen möchte, dass Menschen verschiedener Ansichten miteinander ins Gespräch kommen. Im September fand eine einwöchige Tour durch den Osten von Deutschland statt. Wie das genau ablief und was es für Begegnungen gab, wird in diesem Artikel näher beleuchtet.
Was der Bus der Begegnungen ist, lässt sich eigentlich recht schnell erklären. Dabei handelt es sich wirklich um einen Bus, der dafür gedacht ist, dass Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Damit das gelingt, hat man ein Vorhaben geplant und auch in die Tat umgesetzt. Erste Voraussetzung: Man fährt mit dem Bus durch Deutschland und auch in Gegenden, in denen vielleicht potenziell unterschiedliche Ideen aufeinandertreffen können. Zweite Bedingung: Der Bus ist nicht wie ein normaler Linien- oder Reisebus gestaltet, sondern bietet viele Stühle und Tische, außerdem auch Kaffee und Kuchen. Denn gerade letztere lassen ein Gespräch doch gleich viel angenehmer beginnen. Die Begegnungen umfassen aber noch viel mehr. Gemeinsames Spielen oder Kochen gehören ebenso dazu.
Hinter diesem Projekt steht eine Gruppe, die aus ehrenamtlichen Engagierten besteht, die sich zum Ziel gesetzt, vor allem auch jene Menschen zu suchen, die einem gesellschaftlich vielleicht gar nicht so nahe sind, vor allem auch in politischer Hinsicht. Es geht darum, die eigene Komfortzone zu verlassen, die eigenen Ansichten nicht als in Stein gemeißelt zu betrachten und andere Lebensrealitäten kennenzulernen. Was ist die Motivation von Menschen, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen? Aber auch: Was ist die Motivation, es eben nicht zu tun. Welche Hoffnungen und Sorgen haben die Menschen, die Entscheidungen treffen, die man manchmal nicht so einfach nachvollziehen kann?
Es geht in den Gesprächen vor allem auch viel um das Zuhören, um andere Menschen besser verstehen zu können. Dabei helfen sollen gemeinsame Aktivitäten, die vielfältig sein können. Beim gemeinsamen Kochen kommt man beispielsweise ganz natürlich ins Gespräch und verspürt so keinen Druck, wie er vielleicht in einer klassischen Diskussionssituation vorherrscht. Dabei positionieren sich die Macher hinter dem Bus der Begegnungen aber auch klar. Man steht für eine pluralistische und offene Gesellschaft ein, die es eben auch zu verteidigen gilt.
Der schön gestaltete Oldertimerbus, der auch als Linie 94 bezeichnet wird, springt sofort ins Auge und das ist natürlich ebenfalls wichtig auf der Tour gewesen, die über eine Woche vom 11. bis zum 17. September 2017 lief und dabei sieben verschiedene Städte abgefahren hat. Dabei ist Deutschlandtour etwas übertrieben, da man sich vor allem auf den Osten von Deutschland konzentriert hat. Eben dort, wo Menschen leben, mit denen man politisch in jüngerer Zeit nicht mehr so viel gemeinsam hat und genau deshalb die Gespräche suchen wollte. Die besuchten Orte der Tour waren Anklam, Neubrandenburg, Greifswald, Rostock, Schwerin, Neuruppin und schließlich Berlin-Pankow.
In diesen Städten gab es dann auch tatsächlich viele Begegnungen. Unter anderem auch mit Menschen, die sich zur Wahl für die AfD entscheiden möchten. Das ist politisch also etwas ganz anderes, als die Macher dieser Tour im Sinn haben, aber genau deshalb wollen sie das Gespräch suchen. Oftmals schwingt bei dieser Wahl Frust mit, da man sich von der Politik vernachlässigt fühlt. Seit 2015 ist die Spaltung der Gesellschaft größer geworden, so zumindest die Beobachtung vieler. Das hat viel mit der Flüchtlingskrise zu tun, auf die Menschen unterschiedlich reagiert haben. Klar ist aber, dass die Probleme der Zukunft nur gemeinsam gelöst werden können, selbst wenn man unterschiedliche Ansichten hat. Die Tour hat auf jeden Fall gezeigt, dass man sich problemlos mit Menschen unterhalten kann, sofern beide Seiten ein offenes Ohr haben.
Demokratie ist kein Selbstläufer. Die Idee, dass das Volk regiert, kann nur dann funktionieren, wenn das Volk auch bereit dazu ist. Und wenn alle im selben Boot sitzen, muss auch Dialog stattfinden, um alle Stimmen zu erfassen. Die andere Meinung mag manchmal noch so abstrus und fremd wirken, meist basiert sie auf nachvollziehbaren Gründen. Sorgen und Hoffnungen sind starke Faktoren, die mitverantwortlich dafür sind, wie sich Menschen politisch ausrichten. Je mehr man aber in seiner eigenen Gesellschaftsbubble bleibt, desto schwieriger wird es, den anderen zu verstehen. Der Bus der Begegnungen wollte genau diesen Umstand aufgreifen und zeigen, dass Dialog möglich ist. Dafür wurde ein offener Rahmen geschaffen, der bei sieben Stadtbesuchen dafür sorgte, dass ganz unterschiedliche Menschen ins Gespräch kamen. Das kann also auch als Vorbild für viele andere Lebenssituationen dienen.